Oktober 2023, Königssee

Drei Tage Stille, Natur und die Gesellschaft von spirituellen Menschen, welche gleich schwingen, ohne viel erklären zu müssen. Mir wurde klar, wie sehr diese Erdung und Inspiration in meinem Alltag fehlen. Und immer wieder erinnere ich mich an diesen einen Morgen, an dem wir auf einer Anhöhe standen, in den ersten warmen Strahlen der Sonne, mit weitem Blick über das Rheintal bis in den Westerwald. Die Müdigkeit war nicht mehr spürbar, es gab nur diesen Moment. Und ich fragte mich: Was kann besser sein als das? Der Mensch auf seiner Scholle, wo er wirkt, und wo er hingehört.

Kerstin Kopp


Oktober 2023, Wahnbachtal

 

Umkehr, Umwühlen, Umbruch

Dunkeloranges Harz der Vogelkirsche und die sattgrüne Rosette des Rippenfarns

Fragmente einer Heilung

 

Am Steilhang des Wahnbachtals

 

Kerstin hatte uns zum Wald ihrer Kindheit - am Steilhang des Wahnbachtals im Bergischen Land - eingeladen.

Sieben aus unserem EarthYogaCollective waren gekommen, kamen aus verschiedenen Richtungen und bildeten zuerst in Kerstins Haus einen kleinen Kreis zum Ankommen, einen Kreis der Ruhe, des Zusammenseins und des gemeinsamen Erkundens.

Einen Kreis, der sich dann wieder öffnete, um sich auf den Weg zu machen, bis zum Rand des steilen Tales.

 

Da standen wir vor einem aufgebrochenen, aufgewühlten Hang, wo die toten Fichten gefällt und abgetragen worden waren. Zuerst entstand ein bedrückendes Gefühl der Verwüstung, des massiven Baumsterbens, des Umwühlens einer grossen Fläche, diejenige einer ehemalige Fichtenplantage

  • die offene Rinde einer alten Vogelkirsche hat beachtliche Mengen an dunkelorangen Harz als Schutz abgesondert, an den Stellen, wo der Harvester Verletzungen hinterlassen hat.

Wir laufen dem Rand des Tales entlang, erreichen einen üppigen Wald, treten hinein und gehen den Hang hinab

  • hier wachsen hohe Buchen und dunklen Eiben, junge Hainbuchen und feine Birken, am Boden viele Pilzarten

bis wir aus dem dichten Wald herauskommen und uns mitten in der aufgewühlten Fläche befinden.

  • fünf Rehe springen in einer Reihe!

es sind grosse Tiere, ältere Erwachsene, stellenweise mit grauem Fell

 

Wir bilden wieder einen Kreis,

fassen uns an den Händen,

lauschen dem Ort,

horchen in uns hinein

 

einfach da sein,

anwesend sein

am Wesen sein

  • ja, « anwesensein »

an und in sich selbst anwesensein,

am Anderen anwesensein,

an jedem Lebewesen,

an allem, was lebt,

an alldem, was atmet, anwesensein 

 

  • in der Baumkrone eines noch stehenden Baumes ruft eine Drossel

 

Und aus diesem Kreis strahlen wir heraus,

dahin, wovon wir uns spontan gezogen fühlen,

wie ein kleiner Schwarm, der sich zeitweilig auslöst.

 

Jetzt sind wir verstreut wie Samen einer flüchtigen Diaspora,

trotzdem verbunden

wie ein offener Kreis, der zurück zu sich kommen wird

 

  • hier am Boden ein Samen Hainbuche in seinen Flügel geschmiegt

  • da ein Marienkäfer, geborgen in einem Blatt

  • dort unten ein ausgerissener Baumstamm, umgekehrt unter freiem Himmel, Wurzeln nach oben, noch teilweise umhüllt von lehmiger gelber Erde, gespickt mit Bruchstücken von Schieferplatten

  • und am Fuss dieses umgekehrten Baumstamms ist die sattgrüne Rosette eines seltenen Rippenfarns gewachsen

 

Dann kommen wir wieder zusammen,

bilden den Kreis an derselben Stelle,

tauschen uns aus,

unsere Beobachtungen,

unsere Empfindungen,

unsere Gedanken.

Es ist für diesen verwüsteten Ort eine Befreiung: so kann hier nach der Zeit der Fichtenplantage wieder freie Naturgedeihen, freie Bäume wachsen, ein neuer Biotop entstehen – wenn man es zulässt –

kleines Zeichen der Hoffnung in diesem Umbruch,

wie der Nieselregen, der alles sanft bewässert, fein be-netzt

 

Unser Kreis öffnet sich wieder,

wir laufen weiter, den Hang hoch.

 

An Kerstins Haus sammeln wir uns noch einmal, nehmen Abschied und strahlen aus dem Kreis heraus, aus einem nun atmenden Kreis, der immer wieder zurück zu sich kommen kann, in einem langen Atem, der zu pflegen, dessen Rhythmus zu erfinden, dessen verborgene Kraft zu spüren ist.

 

Rolf Sādhakaḥ

 

August 2023, Königssee

Unser Earth Yoga Retreat in der Eifel im August 2023 mit dem Thema “Wie kann ich mit Yoga der Erde helfen?“ brachte Yogalehrer*innen, Naturfreunde, Klimaaktivisten, Meditations-, Zen- und Qigong-Praktizierende zusammen.

Wir sind alle miteinander verbunden und stärken uns gegenseitig. Es ist eine herausfordernde Zeit, in der wir ins Vertrauen kommen und menschlich werden sollten, war eine gemeinsame Erfahrung der Gruppe. 

Wir können uns durch Yoga erden, Ruhe und aus dieser Ruhe heraus Klarheit gewinnen.

Aus dieser Klarheit heraus können wir etwas in der Welt bewirken, war eine weitere gemeinsame Erfahrung.

Die Frage "Wie können wir uns alle engagieren und der Erde helfen?" brachte in der kurzen Zeit erstaunliche Antworten: Wir können uns innerlich erden und im Außen engagieren und auf beiden Ebenen gleichzeitig heilen. Wenn wir diese Verbindung zwischen Engagement und Heilung erkennen, kann jeder von uns aktiv werden.

Die Gruppe einte der Wunsch, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden und leichte Strukturen zu schaffen, wo Austausch und Lernen für alle zugänglich sind. 

 

In einem ersten Schritt wird das Earth Yoga Collective eine interdisziplinäre Plattform für gemeinsame Aktionen von Yogalehrern, Klimaaktivisten und Naturliebhabern sein.

 


Yoga im Kottenforst, Zeitenwende

 

"...Sich an einen Baumstamm lehnen. Lauschen. Atmen. Barfuß die Verbundenheit zum Boden spüren. Achtsamer werden mit sich, den anderen, mit dem, was einen umgibt und trägt...

Earth Yoga war eine schöne Erfahrung für mich und hat nachgewirkt. Ich war danach noch ein paar Mal am selben Ort und fühlte mich sehr verbunden."  

Kathrin, 2021

 

 

"Dies war meine erste Erfahrung mit Earthyoga. Ein Gefühl von Ganzheit und Verbundenheit. Bewusste Schritte, die Erde mit dem Fuß spüren, tief atmen, sich im Raum der Natur auflösen, sich mit ihrem Atem und Rhythmus verbinden. Innehalten, um dann einer geführten Meditation in Bewegung zu folgen. Stille, die sich von innen füllt und mit den Böen des Herbstwindes verschmilzt. Verbindung mit sich selbst und mit anderen. Einheit, Fülle, Tiefe."
Agnieszka , 2021